VON ANNA FRANCK
BAD WINDSHEIM – Schüler im Distanzunterricht nicht verlieren, sondern motivieren und bei Laune halten. Das ist an der Bad Windsheimer Wirtschaftsschule als eine von 200 bayerischen Schulen während der Corona-Pandemie mit einem Projekt in der 10. Jahrgangsstufe gelungen, das vom Kultusministerium ausgezeichnet wurde: ein Escape Room auf Distanz.Im realen Leben kann ein Escape Room ein spaßiger Zeitvertreib sein. Dahinter steckt ein Rollenspiel, bei dem die Teilnehmer innerhalb einer bestimmten Zeit Aufgaben lösen müssen, um aus einem Raum zu entkommen, in dem
sie eingesperrt sind. Dieses Prinzip ist auch im Schulunterricht anwendbar. Stefanie Schleith und Andreas Uffelmann, Lehrkräfte an der Wirtschaftsschule, besuchten dazu eine Fortbildung und konzipierten daraufhin Escape-Rooms für die Fächer Englisch und Mathematik, testeten diese mehrfach im Präsenzunterricht, ehe die Pandemie sie zum Homeschooling zwang. Aber: Warum das ganze nicht online ausprobieren? Gesagt, getan. Sie passten ihre Grundideen an und entwickelten für ihre Fächer Escape Rooms auf Distanz. Stefanie Schleiths Englisch-Projekt reichte die Schule beim Kultusministerium ein und wurde als erfolgreiches Vorzeigeprojekt mit innovativen und kreativen Ansätzen zur Bewältigung der Corona-Beeinträchtigungen an Schulen mit 1000 Euro ausgezeichnet. Thema war „Active and Passive Voice“, die richtige Anwendung von aktiver und passiver Sprache. War eine Aufgabe, die mittels QR-Codes aufgerufen wurde, erfolgreich geschafft, gab es Zahlencodes, die die Schüler abschließend online eingeben mussten, um sich aus dem Escape Room zu befreien. Selbstständig arbeiten Teams diente als Plattform, wie Andreas Uffelmann erklärt. Über die Plattform Mebis wurde Material zur Verfügung gestellt. Mittels sogenannter Break-Out-Räume konnte die Klasse in Kleingruppen von vier bis fünf Personen arbeiten. Die Lehrkräfte stießen immer wieder dazu, vorwiegend arbeiteten die Schüler aber selbstständig. In kleinen Gruppen lernen sie einfacher, so das Feedback der Schüler. Mit Spaß und Motivation seien sie bei der Sache gewesen. „Da gingen dann plötzlich Kamera und Mikrophon, die oft als Ausrede benutzt wurden, sich nicht zu beteiligen“, sagt Uffelmann und lacht. Videokonferenzen würden sonst die ideale Möglichkeit bieten „unterzutauchen“, als Lehrer sei da es schwer einzuschätzen, wer tatsächlich aufmerksam zuhört.
„Motivationsimpulse“, beispielsweise durch solche innovativen Projekte, seien während der Corona-Zeit enorm wichtig gewesen, sagt Uffelmann. Spielerisch betriebswirtschaftliche Zusammenhänge lernen war beispielsweise bei einem Projekt möglich, das während der Homeschooling-Zeit initiiert und in diesem Schuljahr zum ersten Mal in Präsenz umgesetzt wurde. Dabei gründen Schüler ihr eigenes Unternehmen, gestalten ihr Sortiment und Logo, kaufen und verkaufen Produkte und entwickeln eine verkaufsfördernde Maßnahme, erklärt Uffelmann.
Auch für Lehrer sei es ein Lernprozess gewesen, sich auf die Bedürfnisse der Schüler einzustellen. Um jedem gerecht zu werden, konzipierten sie beispielsweise Erklärvideos. Hilferufe im gemeinsamen Chat blieben meist aus, dort sei die Hemmschwelle deutlich größer, sich vor allen zu „outen“ etwas nicht verstanden zu haben und dann möglicherweise noch einen Rechtschreibfehler in die Nachricht einzubauen. Die digitale Umstellung im Distanzunterricht bereitete an der Wirtschaftsschule kaum „Kopfzerbrechen“, so Uffelmann. Schon vor der Pandemie wurden Schüler mit digitalen Endgeräten unterrichtet, beispielsweise in der Tablet-Klasse, wenngleich Schulleiterin Michaela Müller zugibt, dass sich
manche Lehrkräfte mit der Digitalisierung leichter täten als andere, „das darf man nicht verschweigen, die Kollegen nehmen wir an die Hand“. Der Unterricht sei im Distanzunterricht nahtlos weitergelaufen. Die Klassen allerdings nicht vor sich zu haben, das sei eine Umstellung gewesen. Schulisch habe man niemanden „verloren, wenn dann im Sozialen“, sagt Uffelmann. Schließlich befinden sich die Schüler in der ohnehin schwierigen Pubertät, das Schulleben biete da oft Halt. Das „soziale Miteinander“ mussten die Schüler erst wieder lernen. Hätten sie die Schulschließung erst „gefeiert“, musste man ihnen erklären, warum man trotzdem Unterricht mache. Nun stehe eher eine gewisse Sorge im Raum, dass nochmals Distanzunterricht drohen könnte. Besseres Netz in Notbetreuung Probleme gab es mit Internetverbindungen. Im Schulzentrum sei 2021 aber das W-Lan ertüchtigt worden, erklärt Müller. Manche Schüler konnten so in der Notbetreuung auf besseres Netz zugreifen. Ein weiterer Faktor: Platzmangel zu Hause. Der Preis geht in die nächste Runde, im März erfolgt die Ausschreibung, an der sich alle bayerischen Schulen beteiligen und ihre Projekte einreichen können. Möglicherweise will man mit der Berufsschule an den Start gehen. Dort seien Erklärfilme für die Berufsintegrationsklassen entstanden, sagt Müller. Neue Runde, neues Glück.